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HIIG Discussion Paper Series

Discussion Paper 2015-05

Motivationen und Durchsetzung von Interessen auf kommerziellen Plattformen. Ergebnisse einer Umfrage unter Kreativ- und IT-Crowdworkern. 03.12.2015

Ayad Al-Ani [emailprotected] Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft

Stefan Stumpp [emailprotected] Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft

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Electronic copy available at: http://ssrn.com/abstract=2699065

This HIIG Discussion Paper is currently under review at the journal of Internet Policy Review.

Diese Studie entstand mit Unterstützung der Dienstleistungsgesellschaft ver.di. Wir bedanken uns bei den teilnehmenden Plattformen und ihren Communities für die Möglichkeit, eine Umfrage durchführen zu können. Wir bedanken uns ebenso bei der Plattform jovoto für die Durchführung eines Ideenwettbewerbs. Dank ergeht auch an die Herren Prof. Dr. Christian Fieseler, BI Norwegian Business School und Prof. Dr. Wrona, TU Hamburg-Harburg für Anmerkungen und Reviews. Fehler verbleiben in der Verantwortung der Autoren.

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Inhalt

Zusammenfassung

4

1.

Einleitung und Zielsetzungen

5

2.

Prelude: Fluchtpunkt P2P-Plattform

7

3.

Plattformen als Unternehmen

9

4.

Plattformen: Bisherige Erkenntnisse

12

5.

Crowdworker, das unbekannte Wesen

14

6.

Studien- und Methodendesign

16

6.1

Felderöffnung: Experten-Workshop

16

6.2

Quantitative Online-Befragung

16

6.3

Crowdstorm

17

7.

Datenauswertungen und Ergebnisse

18

7.1

Soziodemografie und Motivationen der

18

Crowdworker

18

7.2

Motivationen von Crowdworkern

20

7.3

Zeitaufwand für Crowdworking

23

7.4

Wie kann Crowdarbeit unterstützt werden?

24

7.5

Erwartet die Crowd Unterstützung

25

von Gewerkschaften?

25

8.

Fazit und Ausblick: Handlungsoptionen für Plattformen, Crowdworker und Gewerkschaften 29

Literatur 34 Anhang: Der Crowdstorm von jovoto-Kreativen für ver.di

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Zusammenfassung Das Arbeiten in der Crowd auf sogenannten virtuellen Plattformen entwickelt sich zu einem erkennbaren Arbeits- und auch Geschäftsmodell im Internet. Die Plattformen, die in den letzten Jahren entstanden, haben trotz vielerlei Unterschiede eines gemeinsam: Die Arbeitskraft und der Einfallsreichtum der Crowd wird genutzt, um quasi aus dem Stand heraus tausende von Freien Produzenten und ihre verfügbaren Kapazitäten an Infrastruktur, Wohnraum und Fahrzeugen etc. auf den Markt zu bringen, um so auch zu Konkurrenten der traditionellen Industrien zu werden. Für die Gewerkschaften scheint der Umgang mit Plattformen der Arbeit der Freien Produzenten nicht einfach. So ist etwa die Zielgruppe der Crowdworker schwer einzugrenzen, da diese oft noch Angestellte des traditionellen Sektors sind und das Crowdworking nach wie vor als Zusatzaktivität betreiben. Gewerkschaftliche Strategien, die versuchen dieses Phänomen zu erfassen, müssen sich einerseits auf den heterogenen Charakter der Crowdworker als auch auf die Andersartigkeit der Organisierbarkeit dieser Zielgruppe einlassen bzw. neue kompatible Strategien für diese entwickeln. Dieser Studie liegt ein dreistufiges Methodendesign zugrunde, welches sich aus einer Expertenbefragung in Form eines Workshops, einer quantitativen OnlineBefragung und einem Ideenwettbewerb für Crowdworker zusammensetzt. Teilnehmer an der Online-Befragung sind 165 Crowdworker der Plattform jovoto und einer IT-Crowdworking-Plattform. Ziel ist die Evaluation der Lebenssituationen und Motivationen der Crowdworker sowie deren Erwartungshaltung an Gewerkschaften. Interessanterweise haben die Mehrheit der auf den Plattformen tätigen Arbeitnehmer Erwartungen an die Gewerkschaften: diese sollen helfen, Algorithmen zu verstehen und zu zertifizieren. Gewerkschaften werden auch als neutrale Instanz wahrgenommen, die bei Konflikten vermitteln kann. Die Organisation der Arbeitnehmer jedoch – so die Sichtweise der Befragten – soll sich aus eigener Kraft heraus vollziehen. Damit wird eine neue Art von Schnittstelle zwischen Gewerkschaften und selbst organisierten Plattform-Arbeitnehmern notwendig. 4

“What I am proposing is this. First, that you show a sufficient interest in the very pressing menace of the large-scale replacement of labor by machine on the level not of energy, but of judgment, to be willing to formulate a policy towards this problem. In particular, I do not think it would be at all foolish for you to steal a march upon the existing industrial corporations in this matter; and while taking a part in production of such machines to secure the profits in them to an organization dedicated to the benefit of labor. It may be on the other hand, that you think the complete suppression [sic] of these ideas is in order. In either case, I am willing to back you loyally, and without any demand or request for personal returns in what I consider will be a matter of public policy. I wish to warn you, however, that my own passiveness in this matter will not, on the face of it, produce a passiveness in other people who may come by the same ideas, and that these ideas are very much in the air.”

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1. Einleitung und Zielsetzungen Das Arbeiten auf virtuellen Plattformen, welche die ‚richtigen’ Fähigkeiten mit den passenden Aufgabenstellungen verbinden, ist ein neues Phänomen. In Zeiten, in denen keine längerfristigen Planungen mehr möglich sind, müssen Aufgaben, Ressourcen und Fähigkeiten immer öfter kurzfristig, ad-hoc sozusagen, zusammengesetzt werden. Die so entstehende ‚Pull-Ökonomie’ unterscheidet sich von

1 Brief des Mitbegründers der Kybernetik, Norbert Wiener, an den Chef der USAutomobilgewerkschaft, Walter Reuther, aus dem Jahre 1949, in dem Wiener die Gewerkschaft vor der fortschreitenden Automation und sich abzeichnenden Computerisierung warnte. Das Treffen zwischen den beiden kam erst ein Jahr später zustande. Quelle: https://libcom.org/history/father-cybernetics-norbert-wieners-letter-uaw-president-walterreuther (Stand 10.11.2015).

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der traditionellen ‚Push-Ökonomie’, die diese Ressourcen auf der Basis vermeintlich akkurater Pläne vorhielt und entwickeln wollte (Hagel et al. 2010: 31 ff.; Bauwens et al. 2012: 29 ff.). Traditionelle Unternehmen verwenden daher immer öfter auch Plattformen, um rasch an benötigte Ressourcen außerhalb ihrer Grenzen heranzukommen und Arbeitspakete mit aktuellen Fähigkeiten abzuwickeln (Al-Ani 2013: 89 ff.). Unternehmen unterliegen einerseits einem der Globalisierung und dem Hyperwettbewerb geschuldetem Kostendruck, andererseits mangelt es der traditionellen arbeitsteiligen, mageren Hierarchie auch an Innovationskraft: Und genau diese soll aus der nicht versiegenden Kraft der Crowd2 über Plattformen eingefangen und genutzt werden, ohne die Rahmenbedingungen der betrieblichen Kosteneffizienz zu verletzen (Explore & Exploit). Um diese Nutzung der Crowd für Unternehmen effizient und effektiv zu gestalten, entstanden in letzter Zeit PullPlattformen, die die Arbeits- und Innovationskraft der Crowd in die Wertschöpfung der Unternehmung einbinden (Hagel et al. 2010: 61 ff.). Der Crowdworker arbeitet also mit den traditionellen Angestellten unter Umständen in denselben Arbeitsprozessen, er unterscheidet sich aber hinsichtlich Motivation und Arbeitsbedingungen von diesen durchaus beträchtlich. Während in letzter Zeit eine Vielzahl von Betrachtungen über die Mechanik und Funktionsweise der kommerziellen Plattformen entstanden sind, fehlen uns oft noch tiefere Einblicke in die entstehenden neuen Arbeitsbeziehungen.3 In der vorliegenden Studie soll der Frage nachgegangen werden, welche Rahmenbedingungen Crowdworker bei ihrer Arbeit als relevant erachten und vor allem, welche Unterstützungsmaßnahmen bei einer Verbesserung der Arbeitsbeziehungen zur Plattform als hilfreich eingeschätzt werden. Auf Basis dieser Anforderungen soll dann der Frage nachgegangen werden, welche Rolle traditionelle Gewerkschaften bei der Verbesserung dieser Arbeitsbeziehungen bzw. dem Ausgleich von sich abzeichnenden Machtasymmetrien spielen können.

2 Die Autoren definieren die Crowd als eine Gruppe von anonymen Internetnutzern: „Die heterogene, selbstbestimmte „Crowd” kann nur indirekt gesteuert werden, die Zusammenarbeit beruht vor allem auf der intrinsischen Motivation ihrer Teilnehmer (wobei die extrinsische zunehmend wichtig wird, in dem Maße, indem die Crowd erkennt, dass ihre Mitarbeit monetarisiert wird) und wird mithilfe der sozialen Medien bzw. mithilfe von kollaborativen Internetplattformen koordiniert.“ Al-Ani/Stumpp/Schildhauer (2014: 9) 3 Vgl. zu einem umfassenden Überblick zum Stand der Forschung Bucher/Fieseler/Hoffmann (2015: 3ff.). Zu den entstehenden neuen (Dreiecks-) Arbeitsbeziehungen zwischen Crowdworker, Plattform und Auftraggeber vgl. Al-Ani/Stumpp (2015: 42 ff.).

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2. Prelude: Fluchtpunkt P2P-Plattform Im Zuge der Globalisierung reagierten viele Unternehmen zunächst beinahe reflexartig mit Kostensenkungen, um gegenüber den kostengünstigeren Mitbewerbern aus dem Süden mitzuhalten. Dies hatte durchaus gravierende Konsequenzen: Die kostbare Ressource Mensch wurde – unbeschadet von der geläufigen Rhetorik über die zentrale Rolle der Mitarbeiter – wieder in eine überkommene Rolle zurückgedrängt, auch wenn gleichzeitig die Erkenntnis weit verbreitet war, dass dieser Reflex nur eine dumpfe und eigentlich unangemessene Reaktion ist: „Man kann nicht die Arbeitskraft wieder in eine reine Ware verwandeln und sie einem sozialdarwinistischen Existenzkampf ausliefern wollen, gleichzeitig aber Wunderdinge an Kooperativität und Kreativität von ihr erwarten. Not und Existenzangst sind schlechte Geburtshelfer für individuelles Unternehmertum.“ (Deutschmann 2002: 186) Diese Entwicklung führte dann auch zu einer großen Unzufriedenheit in den Belegschaften und zu einer regelrechten ‚Flucht aus der Hierarchie’.4 Vor allem in der Softwareindustrie schlossen sich zunächst angestellte Programmierer in ihrer Freizeit zusammen, um unbezahlt interessante Projekte auf eigens dafür gebauten Plattformen durchzuführen. Die Mitarbeiter wechselten nach Arbeitsende die Rollen und mutierten zu ‚freien Produzenten’, zu Peers, die gemeinsam mit anderen freien Produzenten mehr für sich, aber vor allem auch mit anderen tun konnten (Benkler 2006: 9). Neue Prinzipien der Zusammenarbeit entstanden: Die intrinsisch motivierten Mitarbeiter steuern ihren Arbeitseinsatz selbst und suchen sich ihre Aufgaben autonom aus.5 Auf Basis eines vorgegebenen ‚Produktkerns’ suchten und fanden abertausende Programmierer weltweit die Mitarbeit in derartigen Open-Source-Projekten. Deren Ergebnisse wurden als Commons zudem jedem unentgeltlich zur Verfügung gestellt, und jeder war aufgefordert, bei der Verbesserung mitzuarbeiten (Bauwens 2005). Diese neuen Peer-to-Peer (P2P) -

4 Zu der geringen Zufriedenheit mit der traditionellen Organisationsform vgl. die weltweiten Umfragen bei Towers Watson (2012: 2): “Globally, just over a third (35%) of more than 32.000 full-time workers […] are highly engaged.“ 5 Zu den Motivationsfaktoren von Onlinepartizipation vgl. Send et al. (2014b).

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Kollaborationsplattformen waren extrem flach organisiert. 6 Dies bedeutet nicht, dass es keine Hierarchien gibt. Diese Ebenen dienen im P2P-Umfeld allerdings mehr zur Sicherung des meist offenen Zugangs zur Plattform und zum Schutz der Beitragenden und sollen keine Exklusivität bewirken.7 Das Arbeitsprinzip dieser Plattformen kann man durchaus als eine Meritokratie definieren: Die Peers werden vor allem durch ihre Beiträge von anderen Peers bewertet. Dieses Feedback allein ermöglicht auch den Aufstieg in eine neue Rolle mit mehr Verantwortung. Wenn der Beitrag versiegt, werden diese Rollen wieder zurückgegeben. Ein sehr paradoxes Prinzip entsteht: eine hochindividualisierte Organisationsform, in der die Individualität zwar eine große Rolle spielt, das Individuum als solches hingegen weniger, sondern nur dessen Beitrag zur Plattform.

6 Zu den Funktionsweisen von P2P-Plattformen vgl. Bauwens et al. (2012: 156ff). Benkler (2006) prägte hier den Begriff der Peer Production, der wie folgt definiert werden kann: „What we are seeing now is the emergence of more effective collective action practices that are decentralized but do not rely on either the price system or a managerial structure for coordination.” (a.a.O.: 63) 7 „[…] P2P is a democratic process of full inclusion based on the idea of equipotency. It believes that expertise cannot be located beforehand, and thus general and open participation is the rule. But selection immediately sets in as well, since the equipotency is immediately verified by work in the project. Thus there is a selection before the project, and a hierarchy of networks is created, where everyone finds his place according to demonstrated potential. Within the project, a hierarchy is also immediately created depending on expertise, engagement and the capacity to generate trust. […] Peer to Peer is not anti-hierarchy or even anti-authority, but it is against fixed hierarchies and ,authoritarianism‘ […].“ (Bauwens 2005). So betrachtet kommt man allerdings nicht umhin, auch Plattformen einen gewissen Elitismus zu bescheinigen. Diese sind ja vielfach ein Projekt der Mittelschicht. Vgl. etwa das Konzept der ‚Microelite‘ in Noveck (2009).

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3. Plattformen als Unternehmen Die offensichtlichen Erfolge der P2P-Plattformen (Wikipedia, Linux, ...) führten dann auch zu einem steigendem Interesse von Unternehmen an dieser Organisationsform und vor allem an den Kapazitäten der Peers, welche ja zumeist unentgeltlich arbeiteten.8 Um diese Brücke zwischen Unternehmen und Peers herzustellen, entstanden in letzter Zeit Varianten von kommerziellen Plattformen, welche die Grundprinzipien der P2P-Plattform (Selbstidentifikation, Selbststeuerung, Meritokratie) in einen kommerziellen Rahmen ‚interpretierten’. Diese Plattformen unterscheiden sich in ihrer Funktionsweise und damit auch in der auf ihnen stattfindenden Crowdwork doch recht signifikant (Al-Ani 2015: 11 ff.; Al-Ani/Stumpp 2015: 24 ff.): 

Effizienzplattformen: Diese vergeben Aufträge von beauftragenden Unternehmen für kleinteilige Arbeitspakete an Interessierte. Die Arbeitspakete reichen von wenig komplexen Aufgaben, wie sie etwa die bekannte Plattform Mechanical Turk anbietet, bis hin zu Korrekturen von Studienarbeiten, Softwaretests und sogar komplexen Arztgutachten.9 Diese Form von Plattformen wird in der Forschungsliteratur auch als Human Computation Systems bezeichnet (Ponciano et al. 2015).

Innovationsplattformen: Hier werden von Auftraggebern zu lösende Probleme oder Zielsetzungen quasi als Wettbewerbe eingestellt und die ‚Sieger’ mit einer Prämie entlohnt. Hierunter fallen wissenschaftliche Problemlösungs-Plattformen, wie Innocentive, Kreativplattformen wie jovoto und Softwareentwicklungsplattformen wie TopCoder.

Vermittlungsplattformen: Auf dieser Art von Plattformen stehen weniger die Arbeitsergebnisse als vielmehr die Ressourcen im Vordergrund. Vermittelt werden Mitarbeiter mit bestimmten Fähigkeiten zur Lösung von Problemstellungen (z.B. Programmierer). Beispielgebend sind die Plattformen Elance, Twago, oDesk oder Jomondo. Der vermittelte Arbeitnehmer agiert nach seiner Vermittlung in der Regel als Freelancer innerhalb

8 In Deutschland kooperieren bereits 19 Prozent der Unternehmen in einer oder mehreren Unternehmensfunktionen mit der Crowd (Al-Ani/Stumpp/Schildhauer 2014: 4 ff.). 9 Zu den ärztlichen (Zweit-) Gutachten über Plattformen vgl. Siegmund-Schultze/Hibbeler (2011). Für die Korrektur von Studienarbeiten durch Peers auf der Plattform Coursera vgl. Piech et al. (2013).

9

der traditionellen Unternehmung und wird im Rahmen dieser Tätigkeiten nicht über den Algorithmus der Plattform gesteuert, sondern direkt über die Hierarchie.10 Im Gegensatz zu den P2P-Plattformen kam es bei diesen ‚kommerzialisierten’ Plattformen natürlich zu maßgeblichen Änderungen für die beteiligten Peers, welche dann auch zu Crowdworkern mutierten, die 

für ihre Tätigkeiten auch entlohnt werden, zumindest bei einem Zuschlag (Gewinn einer Ausschreibung) oder wenn ein vordefiniertes Ziel erfüllt wird (z.B. Finden eines Softwarefehlers).

nicht mehr gemeinsam mit anderen selbstgesteuert an Aufgabenstellungen arbeiten, sondern eher durch die Prozeduren bzw. Algorithmen der kommerziellen Plattform eingeteilt, gesteuert und entlohnt werden: Selbststeuerung wird zurückgedrängt und ist nur mehr innerhalb eng umrissener Arbeitsschritte möglich, was wiederum zu einer Machtasymmetrie zulasten der Crowdworker führt.11

ein Plattformunternehmen als Intermediär zwischen dem Auftraggeber und dem Crowdworker vorfinden.12

10 Natürlich ist der Weg von diesen Vermittlungsplattformen zu ‚wirklichen’ CrowdsourcingPlattformen kein wirklich weiter. Es liegt auf der Hand, dass eine Erweiterung des Geschäftsmodells darin liegen kann, auch das Management der Freelancer zu übernehmen. 11 Der Algorithmus legt fest, welche Arbeiten zu welchen Bedingungen angenommen und durchgeführt werden und schränkt somit Kontingenz massiv ein: „Working conditions in digital workplaces appear to be characterized by a smaller tolerance for failure and mistakes. More strikingly, platforms that mediate digital work severely limit the scope and potential outcomes of negotiations. Workers can accept tasks and supply results, and requesters can define and allocate tasks and accept or reject results. These basic platform settings also limit the negotiation opportunities of requesters, but workers systematically find themselves in a weaker bargaining position because the power to sanction perceived misbehavior rests squarely with the requesters.” (Bucher/Fieseler/Hoffmann 2015: 14f.) Generell zu den Problemen, die durch die Steuerung der Crowdworker durch Algorithmen entstehen, vgl. Rosenblat/Stark (2015). 12 Den Protagonisten von P2P-Kollaborationen waren die Effekte der fortschreitenden Kommerzialisierung von P2P natürlich bewusst. Man setzt dennoch auf eine Transformation der kooptierenden Unternehmen durch diese Vereinnahmung. Bauwens (2015) sieht die mit der Kooptation verbundenen Gefahren. Allerdings bleibt in der P2P-Welt immer die Option der Abwanderung und des neuen Neuaufbaus von Lösungen, die dieses Problem mildern. Außerdem scheinen sich die Unternehmen ja bereits an die P2P-Kultur anzupassen: „So we can clearly see that for these firms, accumulating knowledge assets is not crucial, owning patents is not crucial. You could argue that they are ‚vectors‘ in the sense of Wark, but they do not have a monopoly on it, as in the mass media age. Rather they are ,acceptable‘ intermediaries for the actors of the participatory culture. They exploit the economy of attention of the networks, even as they enable it. They are crucially dependent on the trust of the user communities. Yes, as private for-profit companies they try to rig the game, but they can only get away with so much, because, if they lose the trust, users would leave in droves, as we have seen in the extraordinary volatility of the search engine market before Google’s dominance. Such 10 companies reflect a deeper change into the general practices of business, which is increasingly being re-organized around participatory customer cultures […].“ (ebd.)

Aber Plattformen müssen sich nicht auf die Rolle eines Sourcing-Partners für Unternehmen beschränken. Durch die Kommerzialisierung treten derartige Plattformen nun immer öfter auch in ein Konkurrenzverhältnis zu den Unternehmen des privaten Sektors. Hier werden die Peers nicht mehr zu einer Selbstorganisation angehalten, sondern durch die Kombination aus der Arbeitskraft des Peers oft gemeinsam mit einem bestimmten Gebrauchsgut des freien Produzenten (Auto, Raum, …) entsteht ein ‚neues’ Produkt oder eine Dienstleistung, die über die Plattform an den Markt vermittelt wird (Manjoo 2015). Dies schafft in der Regel einzigartige und zerstörerische Situationen am Markt, da hier nun von einem Tag auf den anderen nicht nur Arbeitszeiten von Peers sondern auch deren bisher kommerziell ungenutzte Vermögenswerte über entsprechende Plattformen auf den Markt kommen (Uber, Airbnb, ...). Diese konkurrieren mit bisherigen Anbietern in der Transport-, Hotel- und Medienbranche durchaus erfolgreich, da diese Plattformen oft mit hohem Engagement der zum Mikrounternehmer mutierten Crowdworker, geringeren Gemeinkosten, hoher Flexibilität und innovativen Kundenschnittstellen agieren können (ebd.). Die kommerzielle Plattform übernimmt im Extremfall keinerlei Verantwortung für die eigentliche Transaktion, sondern verlangt für die Anbahnung einer Vereinbarung zwischen dem Peer und dem Kunden eine Vermittlungsgebühr zwischen fünf und 20 Prozent, mit der dann der Marktauftritt, die Plattformausgaben und die Community-Betreuung finanziert werden sollen.13

13 So etwa der für Deutschland verantwortliche Manager von Uber: „Wir sind kein Taxiunternehmen. Unsere Aufgabe ist es nicht, Autos zu kaufen und Fahrer anzustellen, wir stellen nur die Technologie, die Plattform zur Verfügung, die solche Fahrdienste ermöglicht.“ (Handelsblatt 2014)

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4. Plattformen: Bisherige Erkenntnisse Ob der großen Faszination und Wirkung, die von dieser neuen Form der Arbeitsorganisation ausgeht, war natürlich ein gewisses institutionalisiertes wissenschaftliches und vor allem quasi als Vorhut auch populärwissenschaftliches Interesse bemerkbar.14 Hinzu kommt, dass sich P2P als Interessenkomplex auch auf eigenen Plattformen institutionalisiert hat, die nicht nur eigene Belange vertreten, sondern im Sinne der Verbreiterung von P2P auch wissenschaftliche Inhalte entwickeln.15 In letzter Zeit kam durch das Erstarken von Plattformen, die als Konkurrenten von Unternehmen auftraten, ein gewichtiger Forschungsschwerpunkt hinzu.16 Die Erkenntnisse dieser Betrachtungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: 

Auf den P2P-Plattformen wie Wikipedia und Open-Software-Plattformen wie Linux überwiegt die intrinsische Motivation, Selbststeuerung und Selbstidentifikation für Aufgaben. ‚Geflüchtete’ Hierarchiearbeiter ergreifen die Chance, endlich die Dinge zu tun, die sie tun wollen und dabei auch in den Genuss der Wertschätzung anderer Peers zu kommen.17

Obwohl P2P-Plattformen nach den Prinzipien der Selbststeuerung und Selbstidentifikation ausgerichtet sind, sind sie nicht hierarchiefrei, sondern kennen Prozeduren und Algorithmen sowie entsprechende Managementprinzipien. Die Funktion derartiger Regelkreise unterscheidet sich allerdings von derjenigen in der Hierarchie, indem sie nicht dazu da ist, eine Exklusivität herzustellen, sondern im Gegenteil, Offenheit und Kooperation mit möglichst vielen Beitragenden zu erreichen.18

14 Bahnbrechend war hier vor allem Benkler (2006). Für eine populärwissenschaftliche Perzeption vgl. Shirky (2008, 2010). 15 Vgl. hierzu etwa die P2P-Foundation: http://p2pfoundation.net/ (Stand 10.11.2015). 16 Vgl. etwa für Uber die von Uber mitfinanzierte Studie von Hall/Krueger (2015). Für eine Untersuchung auf Amazon Mechanical Turk vgl. Bucher/Fieseler/Hoffmann (2015). 17 Siehe hier Shirky (2008: 132f.). Vgl. die Interviews von Tepe/Hepp (2008: 30ff.) mit Programmierern von Open Software-Plattformen. Der Spaß am Programmieren und die Wertschätzung der Kollegen stehen bei der unbezahlten Arbeit der Programmierer hier im Vordergrund: „Ich hab, wie gesagt, mal ein kleines Patch für ein Linux-Kernel geschrieben und, naja, es ist schon ein bisschen bauchpinselnd, wenn man Rückfragen bekommt und Verbesserungsvorschläge oder einfach auch ‚Hey, Danke‘ oder so was ‚ Gute Arbeit‘ oder so was. Schon ab und zu auch motivierend, ja.“ (a.a.O.: 33) 18 Zu den Hierarchien etwa von Wikipedia vgl. Jemielniak (2014). Zur Steuerung von P2P vgl. etwa Bauwens (2005: 12): „An important clarification is that when we say that peer to peer systems have no hierarchy or are not centralized, we do not necessarily mean the complete absence of such characteristics. But in a P2P system, the use of hierarchy and centralization,

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Kommerzielle Plattformen übernahmen P2P-Strukturelemente und begannen, die Leistungen der Produzenten zu vermarkten und damit auch stärker an die Anforderungen der Kunden auszurichten. Trotz dieser Einschränkung der Selbststeuerung scheint sich aber selbst auf kommerziellen Plattformen wie Mechanical Turk und Uber noch Elemente der alten P2P-Paradigmen bei der Motivation der Crowdworker zu erhalten: Spaß und auch Lernerfahrungen stehen auch hier noch immer Vordergrund und überwiegen oft noch vor kommerziellen Überlegungen.19

Selbst Plattformen, die eine eindeutige kommerzielle Ausrichtung haben, werden oftmals noch als eine neutrale Instanz angesehen, die zwischen den Auftraggebern und den Crowdworkern steht und scheinbar interessenlos agiert.20

Es gibt erste Indikatoren, dass mit der Dauer der Zugehörigkeit die Unzufriedenheit mit den vorgefundenen Machtasymmetrien bei kommerziellen Plattformen zunehmen wird.21

serve the goal of participation and many-to-many communication, and are not used to prohibit or dominate it.“ (ebd.) 19 So überwiegt selbst bei kommerziellen und wenig komplexen Plattformaufgaben scheinbar noch immer der Spaß als Hauptmotivator: Bei einer Befragung auf der Plattform Amazon Mechanical Turk stellte sich heraus, „Der erste und größte Typus an Teilnehmern (44 Prozent) ist derjenige der Hedonisten, der durch stark spaßorientierte Motive geprägt ist. Das Teilen mit anderen ist für hedonistische Teiler eine stimulierende und interessante Erfahrung. Obwohl eine monetäre Kompensation eine gewisse Rolle für sie spielt, sind Hedonisten nicht primär materialistisch oder gewinnorientiert. Vielmehr sind hedonistische Teilnehmer an Sharing-Plattformen stets auf der Suche nach Abenteuern im Kleinen und nach neuen Erfahrungen.“ (Bucher/Fieseler 2015: 70). Man könnte jedoch erwarten, dass mit fortschreitender Kommerzialisierung die Entlohnung immer wichtig wird. Dies scheint etwa bei der Uber-Plattform schon der Fall zu sein (Hall/Krueger 2015: 11). Allerdings sind alle Plattformen immer auch soziale Netzwerke und so mag es nicht überraschen, dass selbst kommerziell ausgelegte Plattformen immer auch entsprechende Möglichkeiten zu bieten scheinen: „Two people heading to the same strip of bars, the same concert or the same sports event are now forced to converse. Small talk breeds questions. Answers determine chemistry. With geographic proximity and mutual interests out of the way, all you have to do is score on the last variable: mutual attraction. You win there, and your UberPool turns into speed dating.” (Kessler 2015) 20 “In cases of conflict between requesters and workers, many interviewees express a wish for clearly defined dispute resolution and arbitration processes. Many consider the platform provider a neutral party that could be appealed to in cases of conflict. In its communication with workers, the platform provider does in fact claim a neutral position in that it refuses to interfere in conflicts. However, the processes established and designed by the provider are in fact far from neutral in their effect. The lack of a means of recourse for workers in cases of unfair treatment by requesters is a setting determined by the design of the mediating platform.” (Bucher/Fieseler/Hoffmann 2015: 20) 21 So etwa bei der Amazon Turk-Plattform: “A number of respondents describe their platform engagement as a regular, ongoing occupation. As these workers become engaged on the platform for longer periods of time, they wish more for opportunities of advancement or perks that come with seniority, such as primary access to tasks. Many seasoned workers provide valuable and frequently uncompensated services for the platform, such as coaching newcomers, helping requesters improve task designs, and identifying violations of platform norms. Some even design and maintain forums and custom feedback software. At present, the platform provider does not recognize these forms of community engagement and support. In fact, the platform provider appears disinterested in facilitating community-building, bonding among users and the creation of social capital. It is possible that the provider does not wish to encourage users to make a career of their microwork but prefers to attract less-

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5. Crowdworker, das unbekannte Wesen Obwohl ‚der’ Crowdworker nicht zuletzt durch den Erfolg kommerzieller Plattformen wie Mechanical Turk und Uber immer öfter in den Fokus des Interesses zu treten scheint und für einige Betrachter sogar schon als Vorhut eines neuen ‚Prekariats’ in Erscheinung tritt22, sind Crowdworker als Zielgruppe recht schwierig zu verorten. Diese Unschärfe entsteht, weil diese Kategorie ja einerseits eine bestimmte Rolle beschreibt (freier Produzent, Freelancer etc.) und Crowdworker andererseits an bestimmte Technologien gebunden sind (Plattformen, soziale Medien), um ihre Arbeit zu erledigen: Nicht jeder Freelancer ist ein Crowdworker, sondern nur dann, wenn er eine Arbeit auf einer Plattform verrichtet (Rinehart/Gitis 2015). Auf Plattformen können hingegen auch Peers arbeiten, die sonst nicht im Arbeitsprozess stehen (Studenten, Arbeitslose, …) Diese Unschärfe ist also zugleich Ausdruck eines sich ändernden Verständnisses von Arbeit sowie von Organisation von Arbeit, das die bestehenden Kategorien immer öfter überschreitet: Viele Crowdworker bleiben zunächst Mitglieder der traditionellen Unternehmen und betrachten die Arbeit auf P2P- und natürlich auch auf kommerziellen Plattform eher als eine ‚Zusatzbeschäftigung’, mit der sie Geld verdienen können und vor allem aber auch neue Fertigkeiten erlernen und Spaß haben. 23 Über Plattformen gelingt nun scheinbar eine Aktivierung von Ideen, Talenten und Ressourcen, die von den heutigen arbeitsteiligen und hierarchischen Organisationen und dem herkömmlichen Arbeitsmarkt nur schwer abgerufen werden. Dieses Reservoir an ungenutzten, überschüssigen Kapazitäten in den entwickelten Ländern des Westens kann als Anzeichen eines komplexen und widersprüchlichen Wirtschafts- und Bildungssystems gewertet werden, das ob der organisatorischen und sozialen Einschränkungen (Arbeitsteilung, Hierarchisierung, Elitenbildung, )

invested occasional workers. As the worker community active on the platform becomes more engaged, personalized, and humanized, it becomes more difficult to frame its services as a form of near-instantaneous on-demand computation.” (Bucher/Fieseler/Hoffmann 2015: 21f.) 22 Zu diesen Prekariatsthesen vgl. MacKenzie/Forde (2009) und Potter/Hamilton (2014). 23 So arbeiten etwa nach wie vor 31 Prozent aller Fahrer der Uber-Plattform auch noch in einem traditionellen Taxiunternehmen (Hall/Krueger 2015: 10).

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nicht in der Lage ist, Ressourcen optimal zu nutzen.24 Dieser Überschuss an Ideen, Motivationen und Talenten, der in letzter Zeit unter verschiedenen Termini diskutiert wurde, wie etwa „ethische Pentitüde“ (McCloskey 2006), aber vor allem als „kognitiver Surplus“ (Shirky 2008) lässt sich nur schwer messen. Allerdings scheint auch in Deutschland dieser Überschuss nicht unerheblich zu sein: In einer jüngsten Studie gaben 55 Prozent der Männer und 44 Prozent der Frauen an, zumindest an einer oder mehreren ökonomischen oder politischen Online-Aktivitäten zu partizipieren (Send et al. 2014a).

24 Diese selektive Inklusion des Menschen soll den Steuerungsaufwand der Organisation reduzieren. Organisationen – auch die traditionellen – wollen keinesfalls den ganzen Menschen (Totalinklusion), aber sie bekommen einerseits mehr und anderes als sie wollen (z.B. dysfunktionale Gefühle, Beziehungen, Stress, Sabotage) und andererseits zu wenig (an Einsatz, Leistung, Qualität) (Neuberger 2000: 500): „Weil die Arbeitskraft nur in Teilen benötigt wird, muss man die Voraussetzungen dieser Teilung durch Praktiken schaffen, die man einzeln und nacheinander erwerben und ausbilden kann. Die Partialisierung des Menschen ist der selektiven Aneinanderreihung von Praktiken geschuldet. Das Verweigern allseitigen Tätigseins (‚morgens ein Jäger […] abends ein Kunstrichter‘) bedeutet zum einen Abtrennung von den anderen Menschen und eigenen Möglichkeiten, denn Arbeitsintensivierung behindert im Allgemeinen umfassende Entwicklung, weil Fertigkeiten und Meisterschaft Einseitigkeit bedeuten. Zum anderen aber erlaubt die Abtrennung auch völlig neue Äußerungsmöglichkeiten, weil nicht mehr alle möglichen Vernetzungen des ganzen Menschen berücksichtigt werden müssen. Die Schnitte in Organisationen dienen nicht nur der Amputation, sondern auch 15 der Transplantation.“ (ebd.)

6. Studien- und Methodendesign Dieser Studie liegt ein dreistufiger Prozess zugrunde, welcher sich aus einer Expertenbefragung in Form eines Workshops, einer quantitativen Online-Befragung und einem Ideenwettbewerb für Crowdworker zusammensetzt.

6.1

Felderöffnung: Experten-Workshop

Zu Beginn des Forschungsprojekts wurde zunächst ein Experten-Workshop durchgeführt, an dem Plattformvertreter, Vertreter von Gewerkschaften und Wissenschaftler, die sich mit dem Phänomen Crowdworking beschäftigen, teilnahmen. Zunächst wurden die Typologien einzelner kommerzieller Plattformen analysiert und auch Szenarien für gewerkschaftliche Unterstützungen für die Crowdworker auf Basis internationaler Erfahrungen skizziert (Al-Ani/Stumpp 2015). Auf Basis dieser Diskussion wurde die Felderöffnung der vorliegenden Studie entwickelt. Es wurden zwei Plattformen ausgesucht: eine Effizienz- und eine Kreativplattform sowie zwei Crowdworker-Zielgruppen – Kreative und IT-Entwickler bzw. -Tester, um eine möglichst hohe Bandbreite an unterschiedlichen Crowdworkern und Plattformen abzudecken. Diese Zielgruppe sollte über die jeweiligen Plattformen zu ihrer Motivation und ihren Anforderungen an verbesserte Rahmenbedingungen befragt werden. Untersucht werden sollte auch, ob es konkrete Anforderungen an Gewerkschaften gibt, diese Rahmenbedingungen zu optimieren.

6.2 Quantitative Online-Befragung Teilnehmer an der Online-Befragung sind Crowdworker der Plattform jovoto (www.jovoto.com) und einer IT-Crowdworking-Plattform25. jovoto ist eine Innovations-Plattform für Kreative, die sich insbesondere mit Aufgabenstellungen wie das Designen von Objekten und das Erstellen von Kommunikationskonzepten beschäftigen. Die jovoto-Community ist international ausgerichtet. Die entsprechende Stichprobe setzt sich aus insgesamt 20 Nationalitäten zusammen. Hingegen be-

25

Die Plattform wurde anonymisiert. Es handelt sich um eine internationale Plattform mit deutscher Niederlassung.

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schäftigen sich Crowdworker auf der IT-Crowdworking-Plattform mit dem Testen von Software für Applikationen, Websites, Desktop-Anwendungen etc. Hier ist also von einer Community mit Informatik-Hintergrund auszugehen. Auch die Community der IT-Plattform ist international ausgerichtet, jedoch wurden hier lediglich deutschsprachige Nutzer befragt. Die Ansprache erfolgte bei jovoto im Zuge eines Crowdstorms bzw. einer Ausschreibung, die an den gesamten Teilnehmerkreis erging (s.u.). Bei der ITPlattform wurden die Befragten über die Community-Betreuer angeschrieben. Der Erhebungszeitraum erstreckte sich vom 15.09.2015 bis zum 30.10.2015. Die Stichprobe beträgt für die IT-Plattform n = 93 und für jovoto n = 72 Crowdworker. Die Teilnehmer innerhalb der Stichprobe von der IT-Plattform werden im Folgenden als IT-Crowd und die von jovoto als Kreativ-Crowd bezeichnet.

6.3

Crowdstorm

Auf der Plattform jovoto wurde ein Ideenwettbewerb im Auftrag der Dienstleistungsgesellschaft ver.di parallel zur Online-Erhebung durchgeführt (http://verdi.jovoto.com/, Stand: 10.11.2015). Im Rahmen der Aufgabenstellung sollen auf der Plattform eingetragene Crowdworker Chancen und Risiken sowie persönliche Erfahrungen und Visionen für faires Crowdworking visuell darstellen. In diesem Forschungsschritt standen die direkte Einbindung der Zielgruppe der Crowdworker in den Forschungsprozess und ein qualitatives Erkenntnisinteresse im Vordergrund. Insgesamt wurden 51 Projekte/Konzepte eingereicht und diese wurden mit über 1100 Kommentaren versehen, von den Teilnehmern der Plattform bewertet und in eine Reihenfolge gebracht (Crowd-Voting). Ein Auszug der Kommentare befindet sich im Anhang.

17

7. Datenauswertungen und Ergebnisse 7.1

Soziodemografie und Motivationen der Crowdworker

In Bezug auf die soziodemografische Zusammensetzung der Befragten scheinen sich die bekannten Konstellationen zu bestätigen: Crowdworker sind überwiegend männlich, jung und gut gebildet (siehe Abbildungen 1 bis 5):

Geschlechterverteilung 80 60 40 20 0 Weiblich

Männlich

IT-Crowd

Kreativ-Crowd

Abbildung 1: Geschlechterverteilung innerhalb der Stichprobe (in Prozent)

Der Anteil der männlichen Crowdworker innerhalb der Stichprobe liegt bei der IT-Crowd bei 67,7 Prozent und bei der Kreativ-Crowd bei 51,4 Prozent. Alter der Crowdworker 80 60 40 20 0 bis 34 Jahre

35 - 49 Jahre

IT-Crowd

50+

Kreativ-Crowd

Abbildung 2: Altersangaben der Crowdworker (in Prozent)

Der größte Teil der Crowdworker ist bis zu 34 Jahre alt. Die Altersgruppe 50+ bildet hingegen eine Minderheit. Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen, IT-Crowd und Kreativ-Crowd, sind hinsichtlich der vertretenen Altersgruppen relativ gering.

18

Letzter Bildungsabschluss Volks- oder Hauptschule Weiterbildende Schule ohne Abitur Abitur/ Hochschulreife/ Fachhochschulreife Abgeschlossenes Hochschulstudium 0

10

Kreativ-Crowd

20

30

40

50

60

70

IT-Crowd

Abbildung 3: Letzter Bildungsabschluss der Crowdworker (in Prozent)

Auch bei den Bildungsabschlüssen sind die Ergebnisse eindeutig. Auf beiden Plattformen sind die Crowdworker gut ausgebildet und absolvierten entweder ein Hochschulstudium oder besitzen zumindest das Abitur bzw. die Hochschulreife.

Beschäftigungsstatus der Crowdworker Ohne Angabe Angestellt Keine bezahlte Tätigkeit (Schüler, Student, arbeitslos, etc.) Selbständig/freiberuflich 0

10

Kreativ-Crowd

20

30

40

50

60

IT-Crowd

Abbildung 4: Beschäftigungsstatus der Crowdworker (in Prozent)

Markant ist bei beiden Gruppen der recht hohe Anteil an Angestellten, der bei den IT-Crowdworkern bei ca. 45 Prozent liegt und bei den Kreativen immer noch ca. 35 Prozent ausmacht. Dies erklärt möglicherweise neben der höheren Bezah-

19

lung für IT-Leistungen auch die bessere Einkommenssituation der IT-Crowdworker (siehe Abbildung 5). Beträgt der Anteil der Crowdworker mit einem HaushaltsNetto-Einkommen von mehr als 3.000 Euro bei der Kreativ-Crowd lediglich 18 Prozent, so sind es bei der IT-Crowd immerhin 31,2 Prozent.

Haushalts-Netto-Einkommen der Crowdworker 60 50 40 30 20 10 0 Bis 1500 €

1.500€ - 3.000€ Kreativ-Crowd

Mehr als 3.000€

Ohne Angabe

IT-Crowd

Abbildung 5: Haushalts-Netto-Einkommen der Crowdworker (in Prozent)

7.2

Motivationen von Crowdworkern

Erstaunlicherweise haben diese Unterschiede jedoch keinen prinzipiellen Einfluss auf die Motivationen der Befragten. In beiden Plattformen steht der Motivationsfaktor „Spaß“ an erster Stelle, gefolgt von „Zuverdienst“ und dem „Erlernen neuer Fähigkeiten“. Dieses Ergebnis dürfte einerseits Nachhall der alten P2PTraditionen sein, vor allem aber andererseits damit zu erklären sein, dass die Arbeit auf diesen Plattformen in der Regel als alleinige Lebensgrundlage nur für eine Minderheit tauglich ist, viele Crowdworker dies wissen, akzeptieren und daher andere Motivationen maßgeblich sind (Erfahrungen, Referenzen, Zugang zu interessanten Projekten …).

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Abbildung 6: Motivationen und Beweggründe der Crowdworker (in Prozent): Die Skalierung der Antwortmöglichkeiten reicht von „Trifft voll und ganz zu“ bis „Trifft gar nicht zu“ (1 – 4). Die Abbildung visualisiert die kumulierten Antworten „Trifft voll und ganz zu“ und „Trifft eher zu“.

Neben der bei beiden Gruppen fast identisch vorhandenen Motivation, Wertschätzung zu erlangen, steht bei beiden Plattformen zudem das Erlernen neuer Fähigkeiten an herausragender Stelle. Kreativ-Crowdworker scheinen diese Plattformen noch etwas stärker zum Aufbau ihrer Reputation und von Unternehmerwissen zu instrumentalisieren. Offensichtlich ist die Möglichkeit, über die Plattform Marktreputation aufzubauen, für diese Gruppe wichtiger als für die IT-Crowd.26 Dies wird auch im Rahmen des auf der Plattform jovoto durchgeführten Ideenwettbewerbs zum Thema Chancen und Risiken des Crowdworkings erkenntlich (siehe Anhang A). Hier wurde von den meisten Teilnehmenden der Zugang zu interessanten Kunden, Marken (Brands) und Projekten thematisiert. Offenkundig liegt der Vorteil von Innovationsplattformen darin, dass hier Crowdworker zumindest Chancen auf Zugang zu Projekten bzw. zu Kunden und Marken haben, die sie nur durch ihre Selbstständigkeit oder ihr Angestelltenverhältnis so nicht hätten. Die Relevanz der Plattformarbeit für eine hedonistische Motivation und auch für das Erlernen neuer Fähigkeiten zeigt sich hier auch in den Kommentaren der Befragten (siehe

26

Dies mag auch eine Besonderheit der Kreativ-Plattformen sein, die ja eher personenzentriert sind und weniger in Gefahr laufen, ihre Teilnehmer als austauschbaren Produktionsfaktor zu betrachten, die gegebenenfalls später maschinell ersetzt werden (Bsp.: Uber und das selbstfahrende Auto).

21

Tabelle 1). Zusätzlich wurde hier die höhere zeitliche und geografische Flexibilität während der Arbeit als weiterer Vorteil deutlich. 27 Tabelle 1: Kommentare der Crowdworker im offenen Antwortfeld zu ihrer Motivation

Motivation Spaß und Interesse

Lernen

Flexibilität

Antworten (Zitate) „Produkt-/Webseitenoptimierung und Testen ist spannend, hochinteressant und vielseitig.“ „neue Leute kennenlernen, Wissen was am App Markt passiert, interessante Projekte mit frischer Luft“ „spass neue sachen vor der initialen veröffentlichung zu sehen und auf neue technologien aufmerksam werden (beispiel hbbtv)“ „Ich bin als Software Tester ziemlich gut, kann helfen Apps und Anwendungen zu verbessern und habe Spaß dabei.“ „Wettbewerb unter den Teilnehmern. Es macht Spaß die anderen Tester im Können auszustechen.“ „See my ideas working.“ „I enjoy creative work“ “As a hobby for leisure & help the needed (Unicef, refugees) through design & art. It is something i can do & contribute to help other.” “Kreativer Freiraum“ „Verbesserung der Sprachkenntnisse z.B. English. Verbesserung der Ausdrucksweise bzw. der Beschreibungsfähigkeiten.“ „Ich lerne schon vor Release neue interessante Programme, Webseiten etc. kennen“ „Ich profitiere von mehr Erfahrung als Tester“ „Self-development“ “I learn about new topics” „... weil ich mir meine Zeit selber einteilen kann.“ „Arbeit von zuhause aus und man kann dazuverdienen“ “Ortsunabhängige Arbeit” „Es hat sich keiner nach dem Alter und dem beruflichen Werdegang bis dahin interesssiert. Wenn ich auf der Plattform gute Arbeit leiste, bekomme ich mehr Aufträge. Egal was vorher war.” „Aufgrund meiner Kinder kann ich nur von zu Hause aus arbeiten. Das Crowdworking ist eine sehr flexible Arbeitsweise.“ „Es ist eine wunderbare Ersatz-Beschäftigung für mich als Workaholic während des Urlaubs.“ “Diversity of projects I can take part of. I can work anywere, anytime, and however I want.”

27 Zu dieser Flexibilität der Plattformen vgl. Felstiner (2011: 154).

22

7.3

Zeitaufwand für Crowdworking

Eine weitere Erkenntnis ist, dass ein erstaunlich hoher Anteil von Nutzern beider Plattformen noch nicht länger als ein Jahr als Crowdworker arbeitet. Innerhalb der Kreativ-Crowd sind es 37,5 Prozent und bei der IT-Crowd sogar 53,8 Prozent. Seit mindestens drei Jahren arbeiten immerhin 29,2 Prozent (Kreativ-Crowd) bzw. 16,1 Prozent (IT-Crowd). Ich arbeite als Crowdworker seit... drei Jahren und länger

zwei bis 3 Jahren

einem Jahr

10

20

Kreativ-Crowd

30

40

50

60

IT-Crowd

Abbildung 7: Bisherige Arbeitsdauer als Crowdworker (in Prozent)

Ein interessanter Unterschied ist, dass rund ein Drittel der IT-Crowd auf verschiedenen Plattformen arbeitet, während es bei der Kreativ-Crowd nur 13,9 Prozent der Nutzer sind, die auf verschiedenen Plattformen Aktivität zeigen. Dies kann mit dem größeren Angebot an IT-Plattformen erklärbar sein, aber auch mit der größeren ‚Normalität’, die Plattformarbeit für die IT-Crowd hat.

Crowdarbeit auf verschiedenen Plattformen Kreativ-Crowd

IT-Crowd 0

5

10

15

Trifft voll und ganz zu

20

25

30

35

40

Trifft eher zu

Abbildung 8: Crowdworker, die auf verschiedenen Plattformen arbeiten (in Prozent)

23

Weitere Unterschiede werden beim monatlichen Zeitaufwand deutlich. Die Kreativ-Crowd investiert deutlich weniger Zeit in Stunden pro Monat als die IT-Crowd (siehe Abbildung 9). Ein großer Anteil der Nutzer innerhalb der IT-Crowd investiert mittlerweile bereits elf bis 40 Stunden pro Monat. Auch dies ist wohl ein Indiz dafür, dass Plattformarbeit im IT-Bereich eher Teil des Lebens- bzw. Arbeitsstils wird bzw. bereits geworden ist. Abgesehen von der Möglichkeit, dass sich unter den Befragten der IT-Crowd ein höherer Anteil an Intensivnutzern befindet, ist dies ist wohl ein Indiz dafür, dass Plattformarbeit im IT-Bereich bereits Teil des Lebensbzw. Arbeitsstils ist. Monatlicher Zeitaufwand in Stunden 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 0 bis 3 h

4 bis 10 h

11 bis 40 h IT-Crowd

41 bis 100 h

Mehr als 100 h

Kreativ-Crowd

Abbildung 9: Monatlicher Zeitaufwand für Crowdworking (in Stunden)

7.4

Wie kann Crowdarbeit unterstützt werden?

Bei der Frage, wie die Arbeit der Crowdworker unterstützt werden kann, haben die Befragten, wenig überraschend, alle genannten Möglichkeiten überwiegend – wenn auch mehr oder weniger – als sinnvoll beurteilt. Diese tendenziell positive Einschätzung mag auch mit der eher kurzen Erfahrung der Teilnehmer zu tun haben, welche konkrete Erfahrungen und damit auch Kosten-Nutzen-Betrachtungen der Maßnahmen einschränkt.28 Neben den Evaluierungsmöglichkeiten für Plattformen war dies vor allem der Aufbau einer eigenen Community, die als eine Art Schattenorganisation jene Verbindungen zwischen den Crowdworkern wieder ein-

28 Zu der Diskrepanz zwischen den Anforderungen und der tatsächlichen Umsetzung von Anliegen, vgl. die Erfahrungen auf der selbstorganisierten Crowdworker-Plattform weraredynamo.org in Salehi et al. (2015).

24

führt, welche durch die Plattform unterbrochen wurden.29 Allein der Aufbau eines unabhängigen Bewertungssystems, welches die Reputation der Crowdworker objektivieren sollte, wurde etwas weniger unterstützt.

Abbildung 10: Strategien zur Unterstützung von Crowdarbeit (in Prozent)

Zunächst überraschend an dieser Auswertung ist die Erkenntnis, dass die Befragten  und hier wiederum die IT-Crowd etwas mehr  die Offenlegung und Zertifizierung der Algorithmen von Plattformen stark favorisiert. Bedenkt man allerdings die zentrale Rolle von Algorithmen in der Steuerung der Crowdworker, so ist diese Forderung mehr als verständlich. Und dass die IT-Crowd dieses Anliegen als das dringlichste ansah, muss aufgrund der Vertrautheit dieser Gruppe mit ITFunktionalitäten nicht verwundern.

7.5

Erwartet die Crowd Unterstützung von Gewerkschaften?

Knapp ein Drittel der Befragten erwarten heute nicht, dass Gewerkschaften die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit verbessern. Dies kann vielerlei Gründe haben: Gewerkschaften sind in diesem für sie neuen Gebiet noch nicht offensiv und offen29 Vgl. hier etwa die Kollaboration von Uber-Fahrern und die Formierung eigener ‚Gewerkschaften’ auf der Basis von Communities of Interest in den USA (Al-Ani 2014; Al-Ani/Stumpp 2015: 36 f.). Auch Turkopticon bietet eine unabhängige technische Erweiterung für den Internetbrowser, um sogenannte requester, also Auftraggeber auf der Effizienzplattform Amazon Mechanical Turk bewerten zu können. Dies dient der Crowd vor allem dazu, unlautere Auftraggeber zu identifizieren (Irani/Silberman 2013).

25

sichtlich tätig geworden, sodass hier weitreichende Erfahrungen fehlten.30 Die hier Befragten empfinden sich möglicherweise nicht als ‚typische’ Klientel der Gewerkschaften, die sich ihrerseits überwiegend noch nicht als authentische Vertretung oder Community der Crowdworker präsentieren. Außerdem agieren die meisten der Befragten auch noch nicht lange auf den jeweiligen Plattformen: Erfahrungen deuten darauf hin, dass sich Kritik und das Bewusstsein für Asymmetrien erst nach einer gewissen Zeit einstellen. Welche Erwartungshaltung haben Sie an Gewerkschaften bei der Gestaltung von Crowdarbeit? Keine Gewerkschaften sollten bei Konflikten schlichten Gewerkschaften sollten Crowdworker beraten Gewerkschaften sollten CS-Plattformen zertifizieren Gewerkschaften sollten CS-Plattformen bewerten Gewerkschaften sollten als neutrale Stelle fungieren Gewerkschaften sollten die Selbstorganisation der Crowdworker untereinander unterstützen Gewerkschaften sollten eigene CrowdworkerCommunitites aufbauen

0 IT-Crowd

10

20

30

40

50

60

Kreativ-Crowd

Abbildung 11: Erwartungen an eine Gewerkschaft (in Antworthäufigkeiten)

Wenn die Crowdworker an eine gewerkschaftliche Unterstützung denken, dann eher an bereits heute wahrgenommene Aufgaben wie etwa der Beratung. Dass Gewerkschaften auch zugetraut wird, eine neutrale bzw. konfliktvermittelnde Rolle einzunehmen weist allerdings darauf hin, dass die skizzierten Dilemmata der Unternehmensplattformen und deren Machtasymmetrien mehr in das Bewusstsein rücken. Dies mag den Gewerkschaften Anreiz sein, ihr traditionelles Angebot und ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln: Um diese Rollen einzunehmen, müssen Gewerkschaften ja die Mechanik und Algorithmen der Plattform genauso gut verste-

30 So organisiert ver.di seit 15 Jahren Selbstständige – darunter auch Crowdworker – und berät sie unter www.mediafon.net. Aber erst seit 2015 adressieren die IG Metall mit www.faircrowdwork.org und ver.di mit www.ich-bin-mehr-wert.de/support/cloudworking speziell die Crowdworker. Eine Mitgliedschaft ist Selbstständigen (Crowdworkern) in der IG Metall ebenfalls seit 2015 möglich.

26

hen wie die heutigen Unternehmensprozesse und IT-Lösungen. Diese Fähigkeiten wiederum könnten dann zu einer Zertifizierung der Plattformen durch die Gewerkschaft genutzt werden, welche von knapp einem Drittel der Befragten befürwortet wird. Eine andere traditionelle Rolle der Gewerkschaften wird von den Crowdworkern heute hingegen nicht nachgefragt: Die der Interessenvertretung. Die Erwartungshaltung hinsichtlich der Unterstützung der Selbstorganisation der Crowdworker und der gewerkschaftlichen Organisation eigener Crowdworker-Gruppierungen ist am schwächsten ausgeprägt. Dies mag mit der Fähigkeit zur ‚deinstitutionalisierten’ Selbstorganisationsfähigkeit der Crowdworker zu tun haben, die hier wieder via Schattenorganisationen oder eher -Plattformen sehr ähnlich wie die ursprünglichen P2P- (Selbst-) Organisationen agieren können (Bauwens 2005). Erfahrungen zeigen, dass diese Form der Selbstorganisation recht effizient sein kann und dass sie im Konfliktfall durchaus auch die Kooperation mit der Gewerkschaft suchen kann.31 Dieser Erfahrungsprozess und die neuartigen Kooperationsmodelle inklusive der Schnittstellen zwischen Gewerkschaften und Crowdworker-Organisationen sind in Europa jedoch noch ausständig. Ein offenes Antwortfeld eröffnete den Befragten die Möglichkeit, ihre persönlichen Erwartungen an Gewerkschaften im Umgang mit Crowdworkern zu schildern (siehe Tabelle 2). Ein in diesem Zusammenhäng ebenfalls auftauchendes Thema ist die Entlohnung für Crowdarbeit und eine verbesserte Lobbyarbeit. So sollte eine Gewerkschaft laut Aussagen der Befragten etwa an der Entwicklung eines Systems für die Ermittlung eines ‚fairen’ Stundenlohns beitragen oder auch Öffentlichkeitsund Lobbyarbeit für Crowdworker betreiben.

31 Vgl. hier die Kooperation der Uber-Selbstorganisation (CADA) mit der amerikanischen Transportgewerkschaft zur Durchsetzung verbesserter Rahmenbedingungen gegenüber dem Uber-Management (Al-Ani 2014; Al-Ani/Stumpp 2015: 33ff.).

27

Tabelle 2: Kommentare der Crowdworker im offenen Antwortfeld zu ihren Erwartungen an Gewerkschaften

Antworten Unterschiedliche Erwartungen an Gewerkschaften

„Anmerkung: Schwarze Schafe (z.B. Clickworker) werden dafür sorgen, dass sie jegliches Siegel, überall 5 Sterne und Massen an Usern haben, die ihnen eine hervorragende Reputation schreiben (zur Not für 1,32 Euro/400 Wörter :o)). Und strengere Kontrollmaßnahmen würden nur alles verkomplizieren und damit dem Crowdworking die positivste Eigenschaft nehmen.“ „Ein System zur Ermittlung des tatsächlichen Stundensatzes“ „Es sollte einen Art Stundenlohn geben, der durch Testcases umgesetzt wird. Derzeit werde ich nur vergütet, wenn ich Fehler finde. Dabei schwankt die Vergütung sehr stark. Auf den meisten Crowdsourcing Plattformen fühle ich mich wirklich unterbezahlt.“ „Ich fände es einfach am wichtigsten, dass die Arbeit gewürdigt wird. Von den Ansprechpartnern der Plattform, den Kunden und auch der Gesellschaft. Viele sammeln viel Erfahrung bei dieser Arbeit und leisten sehr gute Arbeit, und viele haben gute Gründe, warum sie so arbeiten wollen. Diese Form der Arbeit wird aber häufig stark belächelt und als minderwertig abgetan. Das Ansehen der Crowdworker und ihrer Arbeit sollte daher generell verbessert werden, so was wie Lobbyarbeit, Öffentlichkeitsarbeit, ...“ “I think that crowdworking is quite diverse and such universal KPIs could not be implemented easy. I think independent frameworks could be created from the different crowdsourcing platforms, uniting their best practices and then something universal could be made. Now, on this stage of development I think it's almost impossible.” “A comforter, to praise, console & help develop positive energy, especially those who haven't win & keep trying.”

28

8. Fazit und Ausblick: Handlungsoptionen für Plattformen, Crowdworker und Gewerkschaften Die folgenden Erkenntnisse lassen sich aus der vorliegenden Befragung und der Diskussion mit Plattforminhabern und den Beteiligten am Initiierungsworkshop ableiten. 

Plattformen agieren heute vor allem als eine Art Lernlabor: Lernerfahrungen sind hier konkreter Natur: Es werden Reputation und Wissen gesammelt, was in der Arbeit als Selbstständige aber auch als Angestellte genutzt und monetarisiert werden kann. Die Arbeit auf Plattformen wird somit Bestandteil eines individualisierten Lernpfades von Individuen, die kontinuierlich ‚on the job’ lernen müssen.32 Natürlich spielt die Entlohnung auch eine wichtige Rolle, sie stellt allerdings noch kein existenzsicherndes Einkommen, sondern eher einen Zuverdienst dar, der die bestehende Situation absichern und unterstützen soll. Insofern würde eine dominante Prekariatsdiskussion die Thematik zu sehr verkürzen, da die Motivationen für und die Effekte von Crowdworking heute noch in ganz anderen Bereichen liegen, und Crowdworking, so gesehen, eher Defizite im traditionellen Arbeitsleben ausgleichen bzw. kompensieren soll (starre, unflexible Lern- und Arbeitsmöglichkeiten, ökonomische Ungleichheit, hierarchische Organisationen, Arbeitsteilung, restriktive Entfaltungsmöglichkeiten, Senioritäts- und Elitedenken …). Man kann hier allerdings feststellen, dass interessanterweise die Kritik am Crowdworking noch keine entsprechend verbundene Diskussion über die Defizite traditioneller Unternehmen und Bildung ausgelöst hat. Gerade aber diese Defizite machen Crowdworking trotz aller Einschränkungen und Asymmetrien augenscheinlich interessant. Offensichtlich wird Crowdworking noch immer als eine vom Unternehmen weitgehend disjunkte Entität oder gar als Gegner gesehen und nicht als ein Überdruckventil bzw. eine Ergänzung (Ashford et al. 2007).

32 Zu individualisierten Lernpfaden, die sich aus herkömmlichen Bildungsangeboten, aber auch aus Praxiserfahrung und selbstorganisiertem Lern-Communities zusammensetzen vgl. Kamenetz (2010) und Al-Ani (2016). Dass das traditionelle Bildungsangebot für die Praxis eher nur begrenzt tauglich ist, ist schon länger klar: „[…] the skills of the cutting-edge high-tech industries such as computers, are generally learned on the job or through personal experience rather than in the formal bureaucratic setting of schooling.” (Collins 2002; 26)

29

Die Neuartigkeit des Crowdworking lässt vermuten, dass die Anforderungen der Crowdworker an die Fairness der Plattformen sowie die Suche nach und der Aufbau von Alternativen in den nächsten Jahren noch zunehmen werden. Mit der Zeit steigt die Fähigkeit der Crowd, Asymmetrien zu analysieren und auch Gegenstrategien zu entwickeln. Es sollte auch nicht vergessen werden, dass die Selbstorganisation der Crowd immer auch das inhärente Potenzial besitzt, eigene Geschäftsmodelle zu entwickeln, wenn die Unzufriedenheit mit dem Vorgefundenen zu groß wird. Die Option ‚Exit’, hat für das Arbeiten in der virtuellen Welt immer auch die Konsequenz, etwas Eigenes aufzubauen.33 Auf der Flucht entstehen Alternativen: „To resist is to create!“.34 So gesehen kann man vermuten, dass auch kommerzielle Plattformen aus reinem Eigeninteresse sich nicht unbedingt an einem Rat Race beteiligen müssen, sondern eher versuchen werden, durch Zusatzfunktionen (Sozialleistungen, Training, …) ihre Attraktivität für Crowdworker zu erhöhen. Wenn Plattformen als Unternehmen agieren, werden sie früher oder später diesen immer ähnlicher, mit allen Vorund Nachteilen.

Transparenz der Plattformen erfordert den Aufbau von Kompetenzen zur Analyse und Bewertung sowie neuartige Regeln. Die Fairness der Verteilung und der Prozeduren verlangt nach der Fähigkeit, die Algorithmen zu entschlüsseln und zu evaluieren. Die Öffnung von Unternehmen bzw. ihrer ‚Software-Verfassung’ wird auch für die Plattformunternehmen wichtiger werden. Wie jüngste Beispiele aus der Automobilindustrie zeigen, ist die Öffnung der relevanten Programmierung eine delikate und schwierige Angelegenheit, weil hier Missbrauch möglich ist und Wettbewerbsvorteile verloren gehen können.35 An dieser Stelle könnten auch Gewerkschaften als eine neutrale und unabhängige Stelle aktiv werden: Diese müssen ihre Fähigkeiten zum Entschlüsseln von Algorithmen aufbauen, um kompetent zu beraten und zu schlichten und könnten so als Zertifizierer von

33 Zu der Option ‚Exit’ im Gegensatz zur Option ‚Voice’ in der virtuellen Arbeitswelt vgl. auch Virno (2010), der Exit als eine Möglichkeit sieht „[…] wo wir etwas im Fliehen herstellen, um soziale Beziehungen und neue Lebensformen zu verteidigen […].“ (a.a.O.: 30) 34 Eine sehr typische Strategie für die Crowd also, die sich immer wieder selbst organisieren und so aktiv werden kann: „Doing is practical negation. Doing changes negates an existing state of affair. Doing goes beyond, transcends.” (Holloway 2005: 25) 35 Am Beispiel der Autoindustrie vgl. die Problematik der Öffnung der Software von VW gegenüber der Öffentlichkeit in Davies (2015).

30

Plattformprozeduren agieren. So würde die Gefahr von Wettbewerbsnachteilen verhindert und den Crowdworkern signalisiert, dass der Algorithmus nach fairen Kriterien funktioniert.36 

Zusammenspiel zwischen Selbstorganisation und Gewerkschaftsfunktionen. Die Community ist für die Crowdworker offensichtlich ein wichtiges Element und verspricht Schutz oder vielmehr Hilfe und Unterstützung, zumindest aber wohl das Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein, welches sich aus unterschiedlichen Individuen zusammensetzt, die aber ähnliche Lebenssituationen teilen (Bollier 2004). Gleichzeitig scheinen die Crowdworker die Organisationsfähigkeit von Gewerkschaften noch nicht in Betracht zu ziehen, was mit der generellen Ferne der Crowdworker zu Gewerkschaften zu tun haben mag, aber wohl auch mit der inhärenten Fähigkeit zur Selbstorganisation dieser Gruppe. Erste Erfahrungen allerdings zeigen, dass die Selbstorganisation der Crowdworker ein recht komplexes Unterfangen ist. Diese laviert stets zwischen der Gefahr, zu passiv zu sein und Mitglieder zu wenig zum Mitmachen zu stimulieren (Stall) oder zu viele unterschiedliche Interessen verarbeiten zu müssen und an diesen Widersprüchen zu zerbrechen (Friction).37 So betrachtet, bietet sich für Gewerkschaften die Möglichkeit, diese Kapazitäten der Selbstorganisation durch entsprechende Angebote zu unterstützen. Aufgrund der Ausgangssituation scheint es zunächst unwahrscheinlich, dass Gewerkschaften als dominanter Ort der Selbstorganisation für Crowdworker genutzt werden. Realistischer ist ein Szenario, in dem Gewerkschaften ein Teil verschiedener Interessenvertretungen sind und Kooperationen untereinander, mit speziellen Crowdworkerorganisationen sowie mit Adhoc-Bewegungen eingehen, die sich aller Voraussicht nach bilden werden,

36 Die Sensibilität im Umgang mit dem Algorithmus ist auch deshalb notwendig, will dieser ja potenziell Gegenstand eines „Gaming the system“ ist bzw. der Manipulation unterliegt. „If Google became more transparent, it might become easier to trick […]. When spammers knew the features of search engines at Yahoo and elsewhere, they gamed the system.” (Knowledge@Wharton 2011) 37 „Efforts stalled – lost momentum – when consensus building […] became too labor-intensive to sustain worker engagement. […] Friction seemed inevitable when a proposed future affected people in different ways and evoked anxieties of worst-case outcomes. Stalling and friction linked: efforts stalled when friction accumulated or when fear of criticism led to no activity.” (Salehi et al. 2015: 2)

31

sobald sich die Erwerbsform inklusive ihrer spezifischer Probleme ausweitet.38 

Notwendige Adaptionen auf dem Weg der Kooperation. Einiges spricht dafür, dass Crowdworking eine immer größere Relevanz erlangen wird und dass auch Unternehmen beginnen werden, Arbeitnehmer auf derartige Plattformen auszulagern.39 Gewerkschaften werden sich somit der Thematik stellen müssen, wie sie mit dieser Zielgruppe umgehen werden, die von den Eigenschaften her wohl eine Mischung aus abhängigen Arbeitnehmern, aber auch Mikrounternehmern darstellt.40 Um diese Anbindung an die Crowdworker herzustellen, werden Gewerkschaften nicht umhinkommen, ebenfalls Plattformen zu bauen (Skapinker 2015). Allerdings sollten diese Plattformen dann nicht Selbstorganisationen der Crowdworker unterdrücken, sondern auf diesen aufbauen und als verbindende Metaebene quasi auf diese verweisen (Al-Ani/Stumpp 2015: 47). Selbst Gewerkschaften, die sich aufgrund ihres Organisationsbereichs oder ihrer Organisationskultur nicht als Vertretung (auch) der Crowdworker etablieren wollen, werden sich deshalb mit dem Thema Crowdwork beschäftigen und die Zusammenarbeit suchen müssen: Ihnen bleibt dann die Rolle als zentrale Schnittstelle zur Vertretung gemeinsamer Interessen von in neuen Erwerbsformen Arbeitenden und den auf absehbare Zeit den Arbeitsmarkt dominierenden Anstellungen. Diese Anbindung wird dann zwangsläufig dazu führen, dass sich auch gewerkschaftliche Strukturen verändern (Lee 1997). Der Weg dieser Anpassung wird wohl kein planbarer, glatter und einfacher sein, könnte aber – als Nebeneffekt sozusagen – dazu führen, dass Gewerkschaftsstrukturen flacher vernetzter und partizipativer werden: „The question is whether the existing international trade union movement can meet these challenges. It is likely that a new spurt in union development will be a difficult process, interspersed with

38 Zu der Kooptation/Kooperation derartiger neuer Kollaborationen und Selbstorganisationen durch traditionelle Organisationen vgl. Al-Ani (2013: 260ff.). 39 Plakativ hier natürlich der ‚Versprecher’ des damaligen IBM Personalchefs, der davon sprach, einen Großteil der angestellten Programmierer auf eine Plattform zu verschieben. Zum Stand des Projektes Liquid vgl. Meyer (2014). 40 Gewerkschaften begannen bereits recht früh, diese Zielgruppe einzugrenzen, etwa als „abhängige Selbstständige“ Cella (2012). Zu den Konsequenzen für die Gewerkschaften vgl. Schneider (2015).

32

failed experiments and moments of deep crisis. Organizational structures and patterns of behavior that have existed for over a century are not easily changed. Moreover, it is highly unlikely that new structures and patterns will be shaped through reforms from above, through the central leadership. If there is one thing that history has taught us, it is that trade union structures almost never develop smoothly by means of piecemeal engineering. They are generally the outcome of conflicts and risky experiments. Pressure from below through competitive networks, alternative action models, etc. will be a highly important factor in deciding that outcome. What forms those pressures will take, and whether they will be sufficient to bring about major changes, no one can say yet with any certainty. (van der Linden 2015)

33

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Anhang: Der Crowdstorm von jovoto-Kreativen für ver.di Vom September bis zum November 2015 beauftragte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di eine Ausschreibung (Crowdstorm) auf der Plattform jovoto. Es wurden die an diese Plattform angeschlossenen Kreativen nach ihrer Einschätzungen der Chancen und Risiken des Crowdworking befragt. Die 52 Einsendungen (siehe Abbildung 12) wurden von den jovoto-Crowdworkern gereiht und mit über 1100 Anmerkungen versehen (vgl. Tabelle 3).

Abbildung 12: Auswahl aus den Einsendungen zum ver.di/Jovoto-Crowdstorm, Quelle: https://verdi.jovoto.com/ideas (Stand: 12.11.2015).

Aus diesen Einsendungen und Kommentaren lassen sich folgende Rückschlüsse ziehen: 

Den Crowdworkern sind die Limitationen des Crowdworking sehr wohl bewusst. Die schon von anderen Umfragen erkannte ‚bittersüße’ Ein-

41

schätzung ihrer Situation und der Möglichkeiten des Crowdworking scheint auch hier durch. Als problematisch wird vor allem die Abtrennung vom Kunden, aber auch der Diebstahl von Ideen durch Mitbewerber gesehen. 

Auch die unbezahlte Zeit wird genannt, dies wird aber scheinbar als ein branchenübliches Symptom betrachtet und zudem mit der Möglichkeit kompensiert, überhaupt an interessanten Fragestellungen arbeiten zu können.

Abbildung 13: Einreichung ver.di/Jovoto-Crowdstorm: Quelle: https://verdi.jovoto.com/ideas/49023 (Stand: 12.11.2015). 

Selbststeuerung und -identifikation wird hier im Sinne der Möglichkeit, an Wettbewerben teilzunehmen und die zeitliche Einteilung innerhalb der Wettbewerbstrecke zu bestimmen, verstanden.

Da jede Arbeit von anderen Crowdworkern der Plattform auch kommentiert wird, scheint sich hier ein wichtiger Lerneffekt einzustellen, der allerdings auch hart sein kann.

Crowdworker sehen ihre Tätigkeit auf der Plattform durchaus im Konnex mit ihrem Arbeitsleben außerhalb dieser. Die Plattform ermöglicht ihnen, ihre Position, Reputation und ihre Fähigkeiten zu verbessern und so ihren ‚Marktwert’ zu steigern.

42

Abbildung 14: Einreichung ver.di/Jovoto-Crowdstorm. Quelle: https://verdi.jovoto.com/ideas/49886 (Stand: 12.11.2015). 

Crowdworking wird als eine neue, fast schon kybernetische Arbeitsform verstanden, die neue Regeln entwickelt, die aber noch nicht von jedem beherrscht werden.

Abbildung 15: Einreichung ver.di/Jovoto-Crowdstorm. Quelle: https://verdi.jovoto.com/ideas/49713 (Stand: 12.11.2015).

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Die Implikation der durch Algorithmen gesteuerten Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten sind durchaus erkennbar. Allerdings weisen die Kommentare darauf hin, dass viele Missstände nicht im Algorithmus begründet sind, sondern in der Nutzung. So hinderten die Prozeduren die Auftraggeber prinzipiell nicht, mehr mit den Einreichern kommunizieren, wenn sie dies wünschten usw.

Abbildung 16: Einreichung ver.di/Jovoto-Crowdstorm. Quelle: https://verdi.jovoto.com/ideas/49905 (Stand: 12.11.2015).

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Tabelle 3: Ausgewählte Kommentare des ver.di/Jovoto-Crowdstorms, Quelle: http://verdi.jovoto.com/ (Stand 15.11.2015). Kommentar „In my opinion crowdworking is not a stable income source. It is more like a game - a challenge - a opportunity to mingle with the big brands and clients. As a selfemployed art director you normally have not the chance to present your ideas and designs to such big clients like villeroy&boch, victorinox and so on. And here on this platform you have it.“ By now I see it mainly as a contest. I enjoy taking part in the contests, I like seeing and commenting on other ideas. But when I think about CW-contests becoming a regular form of labour, I have to aagree [sic] with key. His poster shows how I imagine our 'clients' see us....“ „True, for now it works without ver.di but in future CW might become so omnipresent that a trade union might become indispensable... I am definitely curious to see what ver.di and other trade unions will make of the situation -.-„ „Isn't a Crowdstorm more like a once-in-a-while type of competition that you might want to participate in for the fun and to check your skills, on the top of your existing freelancing or employment work?“ „That is exactly how I see the crowd working - working for fun. All the other reasons can be painful, because there are no other guarantees except delight of doing what you love to do and where you want to improve yourself.“ „No, I'd like my whole day organized as crowdstorms, because I could do yoga and go walking and then submit my ideas, and get feedback from 360 degrees perspective. This makes me much more productive. I think it should be implemented everywhere the people in the creative industry to work via crowdstorms. Just the voting and commenting process should be fixed. It should be made paid and community jury of specialists, who already sold ideas to the clients, should vote and distribute the prizes to the community members who submit and comment ideas.“ „i want client feedback from the start to the end! to get... much better results for the CLIENT and much less work for US!!! win win ;-)“ „A market is a great analogy to point to the competition between crowdworkers.“ „On the stockmarket, supply and demand determine price. When this principle is applied to online marketplaces for creative services it does raise the question of how these platforms set a certain amount of prize money. At least in this regard, there seems to be potential for improved transparency and greater involvement of the community. Especially fair pay is a major topic because the minimum wage tends to vary significantly between countries yet these online platforms target a global audience. Perhaps stockmarkets offer solutions in this area.“ „A crowdworking platform can only work properly if there are clear rules which are binding for everybody + there are people behind it, who just make sure that the rules are being observed, otherwise it might turn into disappointment (even frustration), and as a worst case scenario talented people may turn their back and leave the platform.“

Paraphrase Insofern Crowdworking als Zuverdienst mit intrinsisch motiviertem Hintergrund wahrgenommen wird, spielen Gewerkschaften noch eine untergeordnete Rolle. Mit zunehmender Monetarisierung und Konkurrenz zu herkömmlichen Arbeitsformen wird auch das Eingreifen von Gewerkschaften notwendiger.

Crowdworking schafft für die Betroffenen eine enorme Flexibilität im Arbeitsalltag. Gleichwohl existiert der Wunsch nach höher Vergütung und noch professionelleren Strukturen im CommunityManagement.

Crowdworking wird bereits als Markt wahrgenommen, der durch Angebot und Nachfrage determiniert wird. Wie auch auf klassischen Märkten, kann der Abbau von Informationsasymmetrien zu mehr Transparenz und verständlicheren Regeln/Algorithmen führen, was wiederum zu Wettbewerbsvorteilen für Plattformen führen kann.

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[PDF] Motivationen und Durchsetzung von Interessen auf kommerziellen Plattformen. Ergebnisse einer Umfrage unter Kreativ- und IT-Crowdworkern. - Free Download PDF (2024)

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